Eine Ingenieurin unter Männern

26.01.2023

Jasmin Ebner ist die einzige Frau im Software-Engineering-Team von K&W. Wieso ihr Herz für die IT schlägt und wie sie sich allein unter Männern fühlt, erzählt sie uns im Interview.

Immer noch wählen hauptsächlich Männer einen Tech-Beruf. Frauen sind weiterhin stark unterrepräsentiert. Im Jahre 1990 hat der Frauenanteil in der Schweiz im Berufsfeld Ingenieurwesen und Informatik 4,2% betragen. 30 Jahre später sind es immer noch nur knapp 7,5%. In der Öffentlichkeit gilt IT als Männerdomäne. Die Gründe sind klischeehaft: Frauen haben kein technisches Verständnis, erbringen weniger Leistung in Mathematik und können nicht programmieren, so das allgemeine Bild. Aber, die Frauen holen auf. Mittlerweile gibt es laut Pisa in einigen OECD-Staaten keinen Unterschied mehr im Bereich Mathematik. Wie begeistern wir also mehr Mädchen für die IT? Eine Antwort ist, indem wir Vorbilder schaffen, die aufzeigen, dass Frauen und IT perfekt zueinanderpassen.

Solch ein Vorbild ist Jasmin Ebner. Seit 2015 ist sie Teil des Engineering-Teams von K&W. Ihr Einstieg erfolgte über ein Praktikum im 2. Studienjahr der Wirtschaftsinformatik an der Universität Zürich. Fünf Jahre später nimmt sie eine prägende Rolle mit Führungsverantwortung in unserer eingespielten Engineering-Truppe ein. Und dies als einzige Frau im Team. Wieso entschied sie sich für ein Studium der Wirtschaftsinformatik? Und wie ist es für sie, in einer Männerdomäne zu bestehen? Wir haben mit Ihr gesprochen.

War Ingenieurin immer schon dein Traumberuf?
Nein, als kleines Mädchen wollte ich Krankenschwester werden. Ich sammelte alles, was mit Krankenhaus und Ärzten zu tun hatte. Ich besass sogar einen Medikamentenwagen und ein Infusionsgerät. Heute weiss ich, Krankenschwester hätte nicht zu mir gepasst. Meine Berufung lag woanders.

Wann hast du gemerkt, dass deine Berufung woanders lag?
Mein Vater war technologisch sehr fortschrittlich. Dadurch kam ich sehr jung in Berührung mit Computern. In der Schule interessierte ich mich hauptsächlich für Mathematik, das ab der 5. Klasse mein Lieblingsfach war. Mit den Jahren wuchs der Wunsch in mir, Mathematik zu studieren. Doch in meinem Umfeld stiess ich auf Widerstand. «Mathematik sei doch viel zu trocken», wurde mir gesagt. Ich schaute mich nach Alternativen um und entdeckte die Informatik.

Gab es Hindernisse während deiner Ausbildung, weil du eine Frau bist?
Ich kann mich an keine Hindernisse erinnern. Der Frauenanteil war zwar in beiden meiner Studiengänge klein, mich hat diese aber nie gestört. Ich kann mich gut in der Männerwelt durchsetzen!

Bei K&W bist du die einzige Ingenieurin. Wie fühlst du dich allein unter Männern?
Mir fällt dies bei der Arbeit gar nicht auf. Ich fühle mich als vollständiges Teammitglied und werde nicht anders als meine männlichen Kollegen behandelt. Ein Entwicklerkollege hat sogar einen Chatbot gebaut, der interveniert, wenn jemand «hi guys» anstatt «hi team» in unseren internen Entwicklerchat schreibt. Bei uns im Team leben wir Inklusion.
Im privaten Umfeld hingegen werde ich immer wieder einmal – besonders von Frauen – gefragt, ob ich nicht lieber in einem Frauenteam arbeiten möchte. Ich agiere jedoch gerne unter Männern. Gerade das Lösen von Konflikten empfinde ich in einem Männerumfeld viel einfacher als unter Frauen.

Wie hat K&W dich bei deiner Laufbahn unterstützt?
Ich startete 2015 als Praktikantin. Danach arbeitete ich Teilzeit und schloss mein Studium ab. Wenn Prüfungen bevorstanden, reduzierte ich das Pensum, um mehr Zeit fürs Lernen zu investieren. Dafür arbeitete ich nach den Prüfungen wieder mehr. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Nach meinem Master verspürte ich den Wunsch zurück in meine Heimat, das Wallis, zu gehen. Ich wollte das Unternehmen jedoch nicht verlassen. Zum Glück eröffnete K&W kurz zuvor ein Büro in Bern und bot mir an, meinen Arbeitsplatz dorthin zu verlegen.

Was gefällt dir an deinem Job?
Mittlerweile übernehme ich die Hauptentwicklung in Projekten. Ich bin Teil der Architekturteams, betreue Praktikanten und agiere dank meines Wissens auch als Springerin. Ich lerne jeden Tag neues dazu. Oft stosse ich auf knifflige Probleme und versuche gemeinsam mit dem Team, eine funktionierende, elegante und effiziente Lösung zu finden. Dieser Mix macht meine Arbeit sehr interessant. Ich bin dankbar, meinen Traumberuf gefunden zu haben.

Hast du einen Rat für junge Frauen, die Ingenieurin werden möchten?
Dein Geschlecht sagt nichts über dein Talent oder deine Leidenschaft aus. Wenn dein Traumberuf Informatikerin, Physikerin oder Ingenieurin ist, dann lass dich von nichts und niemanden davon abbringen. Zudem ist es eine sichere Berufswahl in Zeiten des weltweiten Mangels an IT-Fachkräften.